Belastung im Alltag – „Jeder fünfte Deutsche leidet unter Dauerstress“
Studie zur Belastung im Alltag
Süddeutsche Zeitung, 30. Oktober 2013, Autor: Pascal Paukner
Studie zur Belastung im Alltag – Jeder fünfte Deutsche leidet unter Dauerstress Tagsüber die Karriere vorantreiben, abends um die Familie kümmern und irgendwann noch Zeit für sich selbst finden: Sechs von zehn Deutschen leiden einer Studie zufolge unter Stress im Alltag, viele davon sogar dauerhaft. Besonders betroffen sind Frauen, Angestellte und Stadtbewohner. Die fünf wichtigsten Erkenntnisse.
Von Pascal Paukner
Stress im Alltag ist in Deutschland ein Massenphänomen. Fast sechs von zehn Deutschen empfinden ihr Leben als stressig. Das ist das Ergebnis einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse. Das Umfrageinstitut hatte 1000 repräsentativ ausgewählte Deutsche befragt, nun liegen die Ergebnisse vor. Die wichtigsten Erkenntnisse der Studie im Überblick:
• Sandwichgeneration trifft es besonders hart
Wer zwischen 30 und 40 Jahren alt ist, hat besonders viel zu tun: Im Job gilt es Verantwortung zu übernehmen. Privat steht häufig die Familiengründung auf dem Plan. Dann ist da der Haushalt – und mitunter sind auch die eigenen Eltern in einem Alter, in dem sie immer mehr Zuwendung brauchen. Kurzum: Die sogenannte Sandwichgeneration ist besonders gestresst.
Acht von zehn Befragten in diesem Alter geben an, unter Stress zu stehen. Jeder Dritte sogar permanent. Zwei Drittel der 26- bis 35-Jährigen geben an, dass ihr Leben in den vergangenen drei Jahren stressiger geworden ist. Besonders wirkt sich dabei auch aus, ob eine Person in der Stadt oder auf dem Land lebt: Das Stress-Level in den Städten sei deutlich höher, schreiben die Herausgeber der Studie. (…)
Mein Kommentar
Was der Journalist Pascal Paukner schreibt, kann ich anhand meiner Arbeit als Psychotherapeut und Psychologischer Coach in meiner Kölner Praxis sehr gut nachvollziehen.
Die Anforderungen in Beruf und Alltag sind für viele Menschen sehr hoch, was besonders auf diejenigen unter uns zutrifft, die zwischen 25 und 55 Jahren alt sind. Das liegt schlicht daran, dass man die Menschen dieser Altersgruppe für besonders resistent gegenüber Belastungen hält. Reaktionen wie sie sich im Burn-out, in Depressionen, in Lebenskrisen und Anpassungsstörungen widerspiegeln, werden häufig erst einmal nicht ernst genommen bzw. verdrängt, sowohl von den Betroffenen selbst als auch von der Familie, den Partnern und Freunden. Dabei nehmen gerade Depressionen einen unrühmlichen Spitzenplatz bei den Krankschreibungen der Arbeitnehmer ein.
Nun wandelt sich das Bild hinsichtlich der psychischen Belastung allmählich. Das Verständnis des Einzelnen aber auch der Bevölkerung insgesamt erweitert sich insofern, dass man die ersten Burn-out-Symptome, die sich ins Leben schleichen, die ersten Züge einer Depression zu Recht ernst nimmt – die Menschen fragen sich, welche Bedeutung diese Symptome für sie haben, ob aus den Symptomen möglicherweise schon ein Syndrom (Burn-out-Syndrom) geworden ist. Sollte ich einen Arzt aufsuchen und mit ihm ein Gespräch führen, sollte ich mich einer „Psychotherapie unterziehen“? Der Begriff „sich einer Therapie unterziehen“ wird dabei häufiger verwendet und deutet an, dass die Menschen , ähnlich wie bei einer ärztlichen Untersuchung, bei der es ja zunächst um das Stellen einer Diagnose geht, Respekt oder gar Angst haben vor etwas. Alles, was der Mensch nicht kennt, kann dabei Ängste und Blockaden hervorrufen, das ist nur logisch.
In meiner Praxis für Psychotherapie, Coaching und Paarberatung wähle ich deshalb grundsätzlich einen sehr schonenden Einstieg in die therapeutische Arbeit bzw. den Prozess der Beratung. Dies wird von den Patienten sehr gut angenommen, ist es doch eine erfreuliche Erkenntnis festzustellen, dass man mit seinen Krisengedanken nicht allein bleibt.
Die Betroffenen von Burn-out, Depression oder auch Mobbing machen sehr oft auch zum ersten Mal die Erfahrung, dass sie von ihrem Gesprächspartner richtig angehört werden, dass man ihre Problemlage ernst nimmt. Im Ablauf der niedergelassenen Hausärzte ist häufig leider nicht genügend Raum für ausführliche Gespräche vorhanden, selbst wenn diese das gerne anbieten würden. Zu groß ist der Andrang der Patienten und Ratsuchenden, zu groß auch das Spektrum, das ein Allgemeinmediziner abdecken soll.
Dabei ahnen schon viele der Patienten, dass ihre Probleme psychosomatischer Natur sind; Studien belegen, dass mehr als 30 % der Symptome, die in Hausarzt-Praxen behandelt werden, ihre Ursachen im geistigen Erleben, in nicht verarbeiteten kleinen und großen Traumata haben.
Menschen öffnen sich dabei mehr und mehr den Themen Psychotherapie und psychologische Beratung. Auch viele Hausärzte und Internisten haben das Zusammenspiel zwischen Psyche und Körper längst erkannt und empfehlen fairerweise Patienten dann, eine Psychotherapie zu beginnen, wenn sie selbst nicht genügend Zeit aufbringen können oder nicht mehr weiterwissen.
„Die Gesprächspsychotherapie bei Ihnen war eine wunderbare Erfahrung“, sagte einmal eine Patientin im Abschlussgespräch zu mir. „Ich kann nur jedem empfehlen, einmal so etwas auszuprobieren. Die Probleme, die mich schon lang belastet hatten, konnte ich so endlich loswerden.“
Ich habe mich für das Vertrauen bedankt, das sie in meine Arbeit gesetzt hat.
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